Hallo,
mal ein Update - letzte Kindergartenwoche vor den Sommerferien. Johannes ist zur Zeit völlig von der Rolle; zum einen hat er realisiert, dass sein wichtigster Spielpartner in die Schule kommt, er aber nicht (bei der Übergabe der Schultüten an die Vorschulkinder auf dem Sommerfest hat er mir soooo leid getan - offenbar hat er doch gehofft, auch eine zu bekommen...) - zum anderen schließt er sich jetzt wieder enger mit einem rotzfrechen Vierjährigen zusammen und übernimmt munter dessen Verhaltensweisen, ist z.T. so aggressiv, wie ich ihn noch nie erlebt habe und lässt vor allem all seinen Frust an Konstantin aus. Der schaltet, wenn ihm klar ist, dass vom Großen nichts Gutes zu erwarten ist, auf Provokation um (was ich besonders schlimm finde: er hat mittlerweile eine ganze Bruder-Provokations-Choreografie, die er ganz unabhängig von dessen Reaktion durchzieht). Dann fange ich an, zu schimpfen, und dann ist's ganz aus. Irgendwie blöd - als Johannes 3 war, hat es ihn öfters mal komplett zerlegt (lag irgendwo brüllend auf dem Boden und war nicht mehr zu erreichen), da konnte ich das noch gelassen sehen, abwarten, ihn danach trösten; jetzt, wo dasselbe Verhalten mit Fünfjährigensprüchen ("Du Scheiß Iris! Du bist selber schuld, dass ich weine! Wenn du nicht gesagt hättest, dass ich meine Schuhe selbst anziehen muss, würde ich nicht so ärgerlich sein! Dann werde ich ganz sauer! Du musst mir sofort die Schuhe anziehen, sonst beisse ich dich! Dann weine ich den ganzen Tag!") garniert wird, nehme ich es persönlich und reagiere ausgesprochen unfreundlich... was absolut gar nichts besser macht (grosser Seufzer).
Ich hoffe nur, dass die Ferien ein wenig Entspannung bringen (allerdings: im letzten Urlaub hat Johannes Konstantin konsequent keines Blickes gewürdigt - ich hatte ja gedacht, gemeinsames Zelten bringt die zwei ein wenig näher zusammen... Kontakt gab's erst wieder, als wir wieder zu Hause waren). Wenigstens hatte ich einen mütterlichen Geistesblitz und hab' Konstantin versprochen, dass wir den gesamten Lego-Vorrat mitnehmen. Ist zwar zum Zelten eher ungünstig (all die Spezialteilchen... oje...), aber ohne seine Lego PowerMiners geht er ein wie eine Primel. Wenn wir Eltern uns jetzt noch verdoppeln und mit den Kindern jeweils getrennt Urlaub machen könnten, wäre es perfekt
Am ersten Ferientag haben wir nun aber endlich einen Termin für Konstantin bei der Ergotherapeutin, zu der Johannes geht (und die tut ihm wirklich gut - er fängt tatsächlich an, ein kleines wenig zu Malen!) - und ich habe ohne Kinder einen Beratungstermin bei einer Autismusambulanz; da wollte ich mal fragen, ob sich für Johannes evtl eine Diagnose lohnen würde. Ich bin mir nicht sicher, ob er nicht doch zu viel Sozialverhalten hat, und möchte ihn nicht ohne Not noch einer Begutachtung aussetzen.
In dem Zusammenhang lese ich fleißig Tony Atwood - und verzweifle da ein wenig, weil in den Büchern so viele Verhaltensweisen dargestellt sind, die ich völlig normal finde - und mir fehlt der Vergleich, was denn bitte ein "normales" Kind tun sollte (und: ab welchem Alter welches Verhalten nicht mehr normal ist). Ich weiß nicht recht... z.B. ausführliche Erläuterung, wie man einem Kind Gefühle erläutert... und ich denke immer "Ja. Klar. Mach' ich seit Jahren so. Aber wie sollte ich einem Kind denn sonst beibringen, was ein Gefühl ist?"
Für nächste (nun endgültig letzte) Kita-Jahr hat Simon jetzt einen Integrationsstatus und zu meiner Freude klemmt sich die Kita-Leiterin, die sonst eher etwas lahm ist, gewaltig dahinter, arbeitet an einem Förderplan und überlegt, ihr ganzes Personal eine größere Fortbildung machen zu lassen, so dass sie auch richtig offiziell I-Plätze anbieten können. Johannes-Förderung möchte sie selbst übernehmen; ich bin mal gespannt. Sie ist die einzige ausgebildete Heilpädagogin im Team, ich kann sie aber schwer einschätzen.
@Cordula hoch sensibel ist wiederum mit zu viel Sozialverhalten / Empathie gekoppelt - würde mich wundern

Aber das mit dem fehlenden Freiraum stimmt. Wenn man Schulzeit und Studium/Ausbildung überstanden hat, kann man sich wenigstens ein Umfeld aussuchen, das passt - vorher ist der Druck, dass alle alles können sollen, so riesig. Neulich hat Johannes begriffen, dass es Berufe gibt, die man von zu Hause aus ausüben kann (ich habe ein paar Übersetzerinnen im Freundeskreis) - was meinst Du, wie seine Augen da geleuchtet haben...
so, das war das Neueste.
Liebe Grüße
Iris