HeikeLeo hat geschrieben:Joo. So eine Art anonymer Pranger vielleicht. Die Wurfrichtung der Tomaten stimmt nur nicht. An sich sollten Eltern autistischer Kinder wissen, wovon ich schreibe. Aber gerade hier erlebe ich sehr große Ansprüche an Anpassung. Und die Stärken unserer Kinder sieht man auch hier nicht.Ist das so eine Art Tagebuch hier
Allerdings habe ich auch hilfreichen Zuspruch erfahren.
Und ich gebe meine Erfahrungen gerne weiter. Ich profitiere auch manchmal von Erfahrungen anderer. Man muss ja nicht die gleichen Fehler wiederholen;-)
Ich möchte lieber, dass Sohn seine Stärken zeigen darf und dass er mit Hilfe seiner Stärken die Schwächen dann auch kompensieren darf. Stattdessen wird Anpassung gefordert an diffuse Situationen und wenn er einen auf toten Mann macht, wird er geschimpft.
Mit dem Regellehrplan hätte er keine Probleme. Aber er kann nunmal die Rechtschreibung nicht beim Wandern üben. Da hilft auch eine Schulbegleitung nicht. Aber er soll sich, auch nach einhelliger Meinung hier, an Wanderungen gefälligst anpassen und dann gefälligst orthographisch richtig schreiben können. Und ein b ja nicht wie le aussehen lassen. zur Not verzichtet man dann halt auf die Rechtschreibung. Und das ist aber das einzige, was für ihn erreichbar ist. Sein b wird immer wie le aussehen und die Wanderungen werden ihn immer töten, ob mit oder ohne Schulbegleitung.
Das ist alles vollkommen richtig. Aber es ist auch richtig, dass wir von einem verpflichtenden Schulsystem etwas einfordern dürfen und nicht nur demütig als Gnadenakt unbesehen und mit unendlicher Dankbarkeit empfangen dürfen.Ich wünsche dir da mal Kraft und Durchhaltevermögen, denn die wirst du brauchen. Erklärungen und Erläuterungen braucht auch meine erwachsene Tochter noch. Engird hatte da ja gerade einen spannenden Artikel verlinkt.
Liebe Grüße
Heike
Hallo Heike,
ich glaube, ich kann dich durchaus verstehen. Gerade mit einem intelligenten Autisten ist es in der Schule nicht immer einfach. Oder vielleicht sollte ich schreiben, auf ganz spezielle Weise nicht einfach. Denn viele Dinge funktionieren ja und dann wiederum sind die Kinder ganz hilflos. In anderen Situationen wirken sie rechthaberisch. Und man hat es nicht leicht, sie gern zu haben mit dieser altklugen Art, wenn man sie nicht gut kennt. Was die Kinder natürlich durchaus merken....
Das, was die Lehrerin da macht, gilt eigentlich als sehr guter und moderner Grundschulunterricht. Das, was du gerne hättest, gilt ehr als ungeeignet für die Herausforderungen der heterogenen Gesellschaft. Nur, dass es bei deinem Sohn so überhaupt nicht funktioniert.
Ein offenes System darf nie regellos und ohne Grenzen sein. Vielleicht ist es ja auch das, was der Lehrerin nicht gelingt. Ich kenne nämlich durchaus Autisten, die in einem offenen System gut klar kommen. Wenn es denn für sie als Schutzraum mit Regeln erlebt wird und nicht chaotisch unverhersehbar ängstigt.
Du wirst das Schuljahr noch durchstehen müssen. Ich denke, ich würde die Arbeit darauf setzen, deinem Sohn die Situationen im Nachhinein zu erklären. Damit aus den vielen unverhergesehen Sachen für ihn mehr regelgerechte Dinge werden. Sozusagen an seiner Resilienz-Fähigkeit arbeiten. Mehr kannst du im letzten Grundschulhalbjahr wohl nicht erreichen.
Ich wünsche euch auf jeden Fall eine gute Hand bei der Auswahl der weiterführenden Schule, denn der Druck auf die Gymnasien ist groß, die offenen Unterrichtsformen aus der Grundschule weiterzuführen. Man hofft so, die auch in den Gymnasien mittlerweile nötige Binnendifferenzierung zu stemmen.
Das funktioniert gut, wenn es denn gut gemacht ist. Aber nicht jeder kann das wirklich. Und ohne erkennbare Struktur geht es halt nicht, und zwar für keinen Schüler.
Was du hier als "Tomaten in die falsche Richtung" empfindest, liegt, glaube ich, auch daran, dass deine Forderungen teilweise extrem wirken oder als "extrem kommuniziert" erlebt werden. Daran, also an der Verpackung deiner Botschaften, kannst du sicher noch arbeiten. Das lohnt sich, durfte ich in den letzten Jahren erfahren.
Beste Grüße
Rena
P.S. Die ständige Arbeit an der Stressresistenz und Resilienz kann man zwar als übermäßige/überflüssige Anpassung bezeichnen. So meine ich das aber nicht. Sondern einen Weg in der normalen Welt finden, der die autistischen Besonderheiten berücksichtigt. Und das Ringen um diesen Weg muss mehr und mehr in die Hand der Betroffenen, je älter sie werden. Es wirkt so, als sei der Schutzzaun, den du um deinen Sohn errichten möchtest, zu hoch, als dass er ihm wirklich etwas nutzt.